Chinesische Arzneimitteltherapie
(chinesisch 中藥治療 / 中药治疗, Pinyin: zhōngyào zhìliáo)
Die Chinesische Arzneimitteltherapie verwendet vorwiegend Pflanzenteile (Wurzeln, Rinden, Blüten und Blätter), aber auch einige Mineralien und wenige Tierprodukte. Sie alle haben in über zweitausendjähriger Anwendung ihre heilende Wirkung erwiesen. Heute wird dabei natürlich dem Artenschutz Rechnung getragen. Geschützte Arten aus dem Tier- und Pflanzenreich werden nicht mehr eingesetzt.
Geschichte
Das erste in Rekonstruktion erhaltene Arzneimittelbuch der chinesischen Medizin ist „Shennongs Klassiker der Kräuterheilkunde“ (chin. 神农本草經 / 神农本草经 Pinyin Shénnóng Běncǎojīng). Es wurde um das Jahr 100 unserer Zeitrechnung kompiliert und enthält Eintragungen über 365 Arzneimittel. Die Anzahl der bekannten Arzneien war im Jahr 682 auf 863 Pharmaka angestiegen. Sie erreichte bei Li Shizhen im Jahr 1596 die stattliche Zahl von 1892 Pharmaka.
Die offizielle Chinesische Pharmakopöe aus dem Jahr 2000 enthält 544 Substanzen. Davon sind nahezu zwei Drittel seit etwa zweitausend Jahren gebräuchlich.
Innerhalb Chinas gilt die chinesische Arzneimitteltherapie mit Abstand als das wichtigste Behandlungsverfahren. Mit ihr werden 80–90 % aller Erkrankungen behandelt. Dies liegt vor allem daran, dass sie das vielseitigste und umfassendste Therapieverfahren der chinesischen Medizin ist.
Die chinesische Arzneimitteltherapie basiert auf den gleichen Grundlagen wie die chinesische Diätetik. Sie wird in der TCM als das innere Therapieverfahren bezeichnet. Im Gegensatz dazu gilt die Akupunktur als äußeres Therapieverfahren, weil hier die Gesundheit des Menschen durch eine Einwirkung von außen – mit Nadeln – beeinflusst wird.
Ein Grundsatz der Chinesischen Medizin ist die Erkenntnis, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Deshalb werden einzelne Kräuter und Substanzen in der Regel miteinander kombiniert. Jeder Patient erhält so ein individuell auf ihn und seine Krankheitssituation abgestimmtes Kräuterrezept.
Wie behandelt die Chinesische Medizin?
Die Chinesische Medizin diagnostiziert und behandelt nach ganzheitlichen Gesichtspunkten. Symptome werden nicht als Probleme einzelner Teile des Körpers begriffen, sondern als Hinweise auf ein Ungleichgewicht des ganzen Körpers. Krankheiten können grundsätzlich als Disharmonie des Gegensatzpaares "Yin" und "Yang" gesehen werden. Beschwerden, die durch Schwäche, Lethargie und Kälteempfinden des Patienten charakterisiert sind, besitzen mehr "Yin"-Qualität. Gesundheitsstörungen, die sich durch Überaktivität (z.B. im Stoffwechsel), Hitzegefühl und starke Bewegung auszeichnen, werden dem "Yang" zugeordnet. Eine erfolgreiche Behandlung besteht grundsätzlich in der Harmonisierung des Ungleichgewichtes zwischen "Yin" und "Yang".
Bei welchen Beschwerden kann die chinesische Arzneimitteltherapie hilfreich sein?
Sowohl akute als auch chronische Krankheiten können mit chinesischen Arzneimitteln behandelt werden. Grundsätzlich besteht keine Einschränkung der Anwendbarkeit der chinesischen Arzneimitteltherapie auf bestimmte Erkrankungen. Es hängt allerdings von der Schwere und Chronizität der Erkrankung ab, wie schnell chinesische Arzneimittel für den Patienten spürbare Besserung bewirken.
Die folgende Liste nennt häufig vorkommende Erkrankungen, die sehr gut auf chinesische Arzneimittel ansprechen. Diese Liste erhebt allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch hier nicht genannte Krankheitsbilder können mit chinesischen Arzneimitteln behandelt werden. Im speziellen Fall fragen Sie Ihre(n) TherapeutIn.
Infektionskrankheiten: Erkältungen, Bronchitis, Durchfälle, akute und chronische Blasenentzündungen, chronisches Ermüdungssyndrom, HIV-Begleitsymptome
Frauenleiden: Menstruationsprobleme, Unfruchtbarkeit, Zysten, Myome, Schwangerschaftsprobleme, Klimakteriumsbeschwerden
Männerleiden: Impotenz, Prostatitis, Unfruchtbarkeit
Kinderkrankheiten: Hauterkrankungen, Bettnässen, Hyperaktivität, Krankheiten des Verdauungssystems, Allergien
Suchterkrankungen: Beruhigungsmittelmissbrauch, Drogen, Nikotinsucht
Magen- und Darmerkrankungen: Reizmagen, Reizdarm, Gastritis, Colitis, Morbus Crohn
Hauterkrankungen: Ekzeme, Psoriasis, Neurodermitis, Akne
Atemwegserkrankungen: Asthma, Sinusitis, Bronchitis
Weitere Krankheiten: Schlaflosigkeit, Migräne, Schwindel, Tinnitus, stressbedingte Beschwerden, Depressionen, Rheuma, Konjunktivitis, alle Arten von Allergien, Durchblutungsstörungen, Verletzungen
Insgesamt kräftigen chinesische Arzneimittel das Immunsystem und verbessern die Lebensqualität.
Viele Patienten berichten, dass sich bereits zu Beginn der Behandlung ihre Lebensenergie steigert und ihre Stimmung verbessert.
Wer kann chinesische Arzneimittel nehmen?
Chinesische Arzneimittel können in jedem Alter genommen werden. Die BehandlerInnen passen die Dosis und die Verabreichungsform der Rezeptur dem Alter und den Lebensgewohnheiten des Patienten an. Kinder erhalten wegen der leichteren Verabreichung oftmals Konzentratpulver. Die Dosierung bei Kindern richtet sich nach dem Körpergewicht.
Wie diagnostiziert und behandelt die/der TherapeutIn?
Die/der BehandlerIn führt die Anamnese nach den Kriterien der Chinesischen Medizin durch und beurteilt die Symptome und damit das Befinden des Patienten. Wichtige diagnostische Mittel sind die Bewertung von Puls und Zunge. Die Behandlung wird individuell genau abgestimmt. Die Rezeptur wird aus mehreren Arzneien zusammengestellt, wobei sich diese in ihrer Wirkung ergänzen und unterstützen. Nur selten werden einzelne Arzneimittel eingesetzt.
Wie lange und in welcher Form werden die Arzneimittel eingenommen?
Traditionell werden chinesische Kräuter in Form von Tees oder Dekokten eingenommen, das heißt, die gemischten Kräuter werden in Wasser 30 Minuten oder länger abgekocht. Chinesische Kräuter werden auch als Fertigmischungen in Form von konzentrierten Extrakten, Pulvern und Pillen verschrieben. Der Patient bekommt dazu von seiner(m) BehandlerIn detaillierte Instruktionen zur Einnahme. Die Dekokte oder Fertigmischungen werden täglich eingenommen. Meist erstreckt sich die Behandlung von einer Woche bis zu mehreren Monaten, abhängig von der Schwere und Dauer der Erkrankung. Der Patient wird dabei regelmäßig untersucht, um sicherzustellen, dass die gewählte Rezeptur wirksam bleibt. Gegebenenfalls wird die Zusammenstellung dem Gesundungsprozess angepasst.
Was müssen Sie vor einer Konsultation beachten?
Vor der Konsultation sollten Sie keine große Mahlzeit zu sich nehmen. Auf den Genuss von Kaffee, schwarzem Tee oder Alkohol sollte verzichtet werden, ebenso auf anstrengende körperliche Tätigkeiten und Sport.
Was werden Sie nach der Behandlung bemerken?
In der Regel sollte der Patient nach dem Beginn der Einnahme der chinesischen Arzneimittel eine Linderung seiner Beschwerden bemerken. In Einzelfällen kann es jedoch zu Reaktionen kommen, die dem Patienten zunächst als Verschlimmerung erscheinen können. In einigen Fällen wird eine Ausleitung über Stuhl oder Urin angestrebt. Dabei kann es zu vermehrtem Wasserlassen oder Stuhlgang kommen. Dies ist im Sinne der Therapie. Am Anfang der Behandlung können vereinzelt auch Übelkeit, vermehrte Darmgeräusche und Blähungen auftreten. Sollte dies länger als zwei Tage anhalten, nehmen Sie mit Ihrer(m) BehandlerIn Kontakt auf.
Bitte bedenken Sie, dass eine angestrebte Besserung besonders bei chronischen, also lange bestehenden Leiden seine Zeit braucht!
Sollten Sie Ihren behandelnden Arzt informieren?
Es ist zu empfehlen, den behandelnden Arzt davon in Kenntnis zu setzen, dass Sie chinesische Arzneimittel verordnet bekommen haben. Ihr(e) BehandlerIn der Chinesischen Medizin wird Sie ebenso detailliert nach allen Medikamenten fragen, die Sie gegenwärtig einnehmen. Im Allgemeinen bestehen keine Wechselwirkungen zwischen chinesischen Arzneimitteln und westlichen Medikamenten.
Allerdings wird empfohlen, westliche Medikamente und chinesische Arzneimittel mit zeitlichem Abstand einzunehmen.
Sie sollten nie die von Ihrem Arzt verschriebene Medikation selbständig absetzen, sondern stets Rücksprache mit Ihren Behandlern halten.
Was kostet eine Behandlung mit chinesischen Arzneimitteln?
Neben den Kosten für die Konsultation müssen Sie ungefähr mit 50,- bis 120,- Euro für die chinesischen Arzneimittel im Monat rechnen. Dies ist abhängig von der Dosierung und Zusammenstellung der Rezeptur. Die/der TherapeutIn wird Ihnen vor Behandlungsbeginn die ungefähre monatliche Belastung nennen können.
Sind chinesische Arzneimittel sicher?
Chinesische Arzneimittel sind ein sicherer Weg aus der Krankheit, wenn ihre Verordnung in den Händen kompetenter Behandler liegt. Nur diese Fachleute können nach genauer Diagnose die richtige Rezeptur zusammenstellen. Sie haben auch das Wissen über die verschiedenen Qualitäten von Kräutern und Fertigarzneimitteln, die es auf dem Markt gibt, und sind durch eine qualifizierte Ausbildung in der Lage, eine gute Auswahl zu treffen. Von einer Selbstmedikation ist dringend abzuraten. Dies gilt selbst für so populäre Kräuter wie Ginseng. Zur Ausübung der chinesischen Arzneimitteltherapie bedarf es eines jahrelangen Studiums und großer Erfahrung.
Ich bin Veganer:in – Kann ich trotzdem die Chinesische Arzneimitteltherapie nutzen?
Es könnten doch tierische Produkte enthalten sein.
Wenn Sie auf tierische Produkte verzichten möchten, dann sprechen Sie Ihren Behandler einfach konkret darauf an. Es ist in der Regel kein Problem tierische Bestandteile durch Arzneikräuter zu ersetzen. Ihr Therapeut kann Ihnen das für Ihre individuelle Rezeptur ganz konkret erklären.